Roundtable Moderation: Mountain Talks St. Moritz on the subject of Leadership

«Experten-Round­table» in St. Moritz am 01.09.2021

Ein gutes Team macht den entscheidenden Unterschied

Haas: Meine Dame, meine Her­ren, wo haben sich Ihre Führungs­fähigkeit­en in Ihrem Leben erst­mals gezeigt?

Fop­pa: Schon in den Pflichtschul­jahren kon­nte ich Klassenkam­er­aden aber auch Lehrer, Heim­leit­er im Gym­na­si­um aktiv von meinen oder anderen Ideen überzeu­gen, wenn sie für alle nüt­zlich waren. Beru­flich ein­deutig in jun­gen Jahren, als ich mit 28 Jahren in der Direk­tion ein­er Bank den zehn bis 30 Jahren älteren Man­agern, nur Män­ner, ver­ant­wortlich für die Pro­duk­t­se­lek­tion sowie zusam­men mit dem CEO ver­ant­wortlich für die Verkauf­szahlen war. Wir stiegen vom tra­di­tionellen Trad­inggeschäft auf das Fonds­geschäft um. Ich musste ler­nen, dass ich nur durch Überzeu­gen, Mut, gutem Beispiel vor­ange­hen, Diszi­plin, Ver­ständ­nis und Hil­fs­bere­itschaft und das Ver­trauen am gle­ichen Strang zu ziehen, erfol­gre­ich für uns alle Entschei­dun­gen tre­f­fen und führen kon­nte — sich­er nicht durch Autorität, Kom­pe­tenz oder Hierarchie.

Paul: In meinem früheren Leben als Beruf­spi­lot, als unmit­tel­bar nach dem Start in Zürich auf dem Run­way 28 ein Trieb­w­erk und ein Teil der Bor­delek­tron­ik aus­fiel. In dieser Sit­u­a­tion, noch in geringer Höhe, ruhig zu bleiben und das Richtige zu tun, war entschei­dend, das Flugzeug in der Luft zu hal­ten und wieder sich­er zu lan­den. So etwas prägt und hil­ft auch in stres­si­gen Sit­u­a­tio­nen ruhig und beson­nen zu agieren.

«Ich bin überzeugt, dass die ganz grossen Erfolge nur im Team passieren kön­nen.» 
Ste­fan Hirter

Hirter: Nun, ich war wed­er in der Pfa­di als Grup­pen­leit­er noch war ich Klassen­sprech­er. Allerd­ings habe ich früh gemerkt, dass ich über aus­geprägte Empathie-Fähigkeit­en ver­füge. Die Men­schen um mich herum waren mir immer ein Anliegen. Später in der Arbeitswelt war mir Team­work entsprechend immer sehr wichtig. Ich bin überzeugt, dass die ganz grossen Erfolge nur im Team passieren kön­nen. So hat es sich ergeben, dass ich von diversen Vorge­set­zten immer wieder das Ver­trauen bekom­men habe, Teams zu leiten.

Hay­at: Meine ersten Ken­nt­nisse erwarb ich 1990 als Bro­ker bei der Gruppe Tra­di­tion. Ich war Leit­er eines 10-köp­fi­gen Teams für deriv­a­tive Pro­duk­te (Zinss­waps und Optio­nen). Meine Auf­gabe war es, das Geschäft voranzutreiben und neue Tal­ente für das Team zu rekru­tieren, da es sich damals um einen wach­senden Bere­ich han­delte. Dann wurde ich von ein­er grösseren Fir­ma als Vizepräsi­den­ten des Unternehmens ange­wor­ben, und ich hat­te mehrere Teams unter mein­er Ver­ant­wor­tung. Ich trug dazu bei, die Vision des Unternehmens zu entwick­eln, wie es inner­halb von drei Jahren zu einem führen­den Unternehmen in unser­er Branche wer­den kön­nte. Als Risikoträger stellte ich ein Team für Zin­sop­tio­nen ein, das nach zwei Jahren rentabel wurde. Es war eine echte Her­aus­forderung, die Comex davon zu überzeu­gen, diese Strate­gie zu übernehmen.

«Ich war in der Jugend Mannschaft­skapitän, das Bindeglied zwis­chen Mannschaft und Train­er.» 
Zoran Str­benac

Str­benac: Auf dem Fuss­ballplatz. Ich war in der Jugend Mannschaft­skapitän, das Bindeglied zwis­chen Mannschaft und Train­er. Ich habe zum Beispiel das Team kurz vor Spiel­be­ginn zusam­mengerufen und auf das bevorste­hende Spiel eingeschworen. Wenn es Prob­leme zwis­chen Mit­spiel­ern und Train­er gab, habe ich ver­sucht zu schlicht­en oder wenn Mit­spiel­er Prob­leme hat­ten, war ich ihre Bezugsper­son respek­tive erster Ansprechpartner.

Haas: Welche Eigen­schaften eracht­en Sie als beson­ders wichtig, um als Führungsper­son pos­i­tiv wahrgenom­men zu werden?

Paul: Authen­tisch, ver­trauenswürdig, sich selb­st nicht zu wichtig nehmen, motivierend und ganz beson­ders, sich der Vor­bil­drolle bewusst sein und sie leben. Egal ob im Beruf oder Zuhause mit den Kindern. Nur wer es schafft, dass ihm seine Mitar­bei­t­en­den ver­trauen und motiviert sind, kann als Team her­aus­ra­gende Leis­tun­gen erbrin­gen und dabei Spass haben.

Str­benac: A) Empathie (Wertschätzung): Aktives Zuhören, Mit­ge­fühl und Ver­ständ­nis. So ver­stehst du das Ver­hal­ten dein­er Mitar­bei­t­en­den und erkennst, wie du dein Team best­möglich unter­stützt. Du wirst zur Ver­trauensper­son und kannst Kon­flik­te schneller lösen. B) Trans­parenz: Um als Führungskraft das Ver­trauen deines Teams zu gewin­nen, vor allem aber, um es zu behal­ten, ist Trans­parenz entschei­dend. Absicht­en und Gründe für Entschei­dun­gen müssen klar und trans­par­ent kom­mu­niziert wer­den. C) Lei­den­schaft: Die Pro­duk­tiv­ität des Einzel­nen hängt sehr von der per­sön­lichen Ein­stel­lung ab. Schaffst du es als Chef, dein Team zu begeis­tern und die Lei­den­schaft für das Pro­dukt oder die Dien­stleis­tung zu weck­en, dann wer­den auch deine Mitar­beit­er ihre Energie und Kom­pe­ten­zen voll einbringen.

«Eine Führungskraft muss auf lange Sicht Risiken einge­hen.»
Frédéric Hay­at

Hay­at: Die erste Eigen­schaft ist die Fähigkeit, die Arbeit, die sie von Ihren Team­mit­gliedern ver­lan­gen, erfol­gre­ich zu erledi­gen. Dies wird den Respekt der Mit­glieder für ihre Kar­riere auf­bauen. Dann muss der Leit­er eine langfristige Vision für das Unternehmen haben und den ver­schiede­nen Man­agern bei ihren täglichen Auf­gaben helfen. Eine Führungskraft muss auf lange Sicht Risiken einge­hen. Sie muss in die Zukun­ft investieren und in der Lage sein, Kom­pe­ten­zen für das Unternehmen zu erwer­ben. Sie muss auch andere im Unternehmen inspiri­eren, indem sie ihre Zukun­ftsvi­sio­nen mit­teilt und das Ver­trauen schafft, das die Men­schen im Unternehmen brauchen, um nach vorne zu schauen und sich bere­it zu fühlen, die neuen Her­aus­forderun­gen von mor­gen anzunehmen. Sie muss in der Lage sein, zuzuhören, Men­schen zu bee­in­flussen und zu motivieren.

«Ich denke, dass wir alle indi­vidu­ell drei Kom­po­nen­ten benöti­gen: Her­aus­forderung, Autonomie, Beloh­nung.» 
Hei­di Foppa

Fop­pa: Heute denke ich, ist es zeit­gemäss notwendig, dass man klar und authen­tisch den eige­nen Führungsstil prak­tiziert und kom­mu­niziert und den Mitar­bei­t­en­den durch Empow­er­ment ein ide­ales und pro­duk­tives Umfeld schafft. Ich denke, dass wir alle indi­vidu­ell drei Kom­po­nen­ten benöti­gen, um opti­mal unsere Ziele für das Unternehmen und Team erre­ichen zu kön­nen: Her­aus­forderung, Autonomie, Beloh­nung. Das muss mit Diszi­plin, klaren Regeln, men­schlich­er Sen­si­bil­ität zur opti­malen Unter­stützung (Coach­ing) des Einzel­nen und des Teams von ein­er Führungskraft unter­stützt und gefördert werden.

Hirter: Für mich ist das Aller­wichtig­ste, dass sich alle Mitar­bei­t­en­den im Team mit ihren Rollen iden­ti­fizieren und mir ihren entsprechen­den Fähigkeit­en und Aus­prä­gun­gen ein­ge­ord­net fühlen. Als Führungskraft ist daher wohl die soziale Empathie sehr weit oben anzusiedeln. Eben­so wichtig finde ich, dass der Chef authen­tisch ist, d.h. er soll zu seinen Stärken ste­hen, aber auch zu seinen Schwächen, denn ein gutes Team hil­ft ihm, diese auszumerzen. So entste­ht Ver­trauen. Ein Chef sollte auch einen guten Riech­er haben, damit er spürt, wenn etwas nicht stimmt. Leis­tung­sori­en­tiert und fair soll­ten Chefs auch sein. Je nach Stufe ist es natür­lich auch wichtig, dass der Chef Visio­nen hat, wie er die Fir­ma oder das Team weit­er­en­twick­eln kann.

Haas: Welchen Ein­fluss hat das The­ma «Dig­i­tal­isierung» auf Ihren Führungsstil?

Hay­at: Die zunehmenden Kom­mu­nika­tion­s­mit­tel haben die Art und Weise, wie eine Führungskraft mit allen Mitar­bei­t­en­den des Unternehmens kom­mu­niziert, drastisch verbessert. Die Video-Kon­ferenz-Tools haben dazu beige­tra­gen, die Zahl der direk­ten Verbindun­gen zwis­chen Führungskräften und Man­agern zu erhöhen. Ein Town­hall kann nun kurzfristig organ­isiert wer­den. Die Dig­i­tal­isierung brachte viel mehr Infor­ma­tio­nen als früher, die schnell analysiert und in einem sehr kurzen Zeitrah­men ver­sandt wer­den kön­nen. Ich per­sön­lich musste mich auf diese immer schnellere Ver­füg­barkeit von Infor­ma­tio­nen ein­stellen. Ich musste auch meine Strate­gie in einem viel kürz­eren Zeitrah­men anpassen. Die Dig­i­tal­isierung hat auch in unserem Unternehmen für Trans­parenz gesorgt, da Infor­ma­tio­nen sofort für alle Mitar­bei­t­en­den ver­füg­bar sind. Para­dox­er­weise ist der Kon­takt zwis­chen Führungskräften, Man­agern und Mitar­bei­t­en­den ein­fach­er, weil es keine per­sön­lichen Tre­f­fen mehr gibt. In einem Chat oder ein­er Videokon­ferenz ist die Hier­ar­chie weniger sicht­bar, so dass jed­er freier sprechen kann.

«Die Dig­i­tal­isierung hil­ft beim Mon­i­toren der Aktiv­itäten und bietet span­nende Möglichkeit­en.» 
Timo H. Paul

Paul: Die tech­nis­che Entwick­lung, zum Beispiel Video Calls in Coro­na-Zeit­en, um mit dem Team und den Kun­den in Kon­takt zu bleiben, ist sich­er ein Nutzen. Die Dig­i­tal­isierung hil­ft beim Mon­i­toren der Aktiv­itäten und bietet span­nende Möglichkeit­en, unser Geschäft noch bess­er zu betreiben, beispiel­sweise durch noch besseres Ver­ste­hen unser­er Kun­den und deren Bedürfnisse, sowie Trends früher zu erken­nen. Der Ein­fluss auf meinen Führungsstil ist vorhan­den, würde ihn aber als nicht sehr hoch bewerten.

Hirter: Im Rah­men der Dig­i­tal­isierung muss es das Ziel sein, sich auf den dig­i­tal­en Wan­del einzu­lassen und einen passenden Führungsstil zu entwick­eln. Somit ist es möglich, die dig­i­tale Trans­for­ma­tion im Unternehmen voranzutreiben und die Mitar­bei­t­en­den dazu zu motivieren. Der Stil des Chefs ist dabei sehr wichtig und jede Führungskraft soll sich hin­ter­fra­gen. Der per­sön­liche Kon­takt ist dabei eben­so wichtig oder noch wichtiger als vorher.

Str­benac: Fol­gende Punk­te habe ich wahrgenom­men: A) Beziehungs­fördern­des Ver­hal­ten und Coach­ing gegenüber Mitar­bei­t­en­den ist gestiegen. B) Führungskom­pe­ten­zen wie Agilität, Verän­derungs­man­age­ment und Führung auf Dis­tanz (Home­of­fice, Covid) haben eine stärkere Rolle ein­genom­men. C) Mitar­beit­er­leis­tun­gen sind trans­par­enter gewor­den und wur­den daher entsprechend ergeb­nisori­en­tiert bew­ertet. Dig­i­tal­isierung ist kein IT-Pro­jekt und bedeutet meines Eracht­ens einen grundle­gen­den Wan­del unser­er Art zu arbeit­en, zu kom­mu­nizieren und zu lernen.

Fop­pa: Die Dig­i­tal­isierung unter­stützt das Ressourcen-Man­age­ment unglaublich, hil­ft tan­gi­bel und objek­tiv Prozesse und Zielset­zung des Teams und des Einzel­nen über Jahre hin­weg zu mon­i­toren, um zu unter­stützen. Auch kann man sich über neue Tech­nolo­gien öfter aus­tauschen, virtuelle Meet­ings sind auch im Team­man­age­ment bess­er als Tele­fonate. Wichtig ist aber sich­er, dass man sich hin­ter diesem Daten­strom und der Effizienz, die die Tech­nolo­gie bietet, nicht ver­steckt und man eher in eine Kon­troll­funk­tion rutscht. Leader überzeu­gen und kom­mu­nizieren Vision und Mis­sion des Unternehmens, sor­gen für Zusam­men­halt und Ver­trauen, lösen Prob­leme und helfen die richti­gen Entschei­dun­gen zu tre­f­fen. Dazu muss man viel im Unternehmen rum­schauen, mit den Mitar­bei­t­en­den sprechen, deren Kreativ­ität unter­stützen und Span­nun­gen lösen.

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